Atemwegserkrankung/Mycoplasmose bei Mäusen
#1
Diesen Bericht habe ich erstellt, indem ich diverse Infos aus dem Internet zusammengesucht habe. Diese habe ich dann nach weiteren Recherchen überarbeitet und zusammengefasst:


Generell:

Ein großes Problem in der Mäusehaltung ist die Mycoplasmoseinfektion.
Mycoplasmose zerstört das Lungengewebe irreparabel, daher sollte man bei Erkrankungen immer sofort einen Tierarzt aufsuchen, auch auf eine mögliche Mycoplasmose aufmerksam machen und z.B. nach einen für Mäuse verträglichen Antibiotikum, z.B. "Baytril 2,5% oral" fragen.

Eine genaue Bestimmung des Mycoplasmose-Erregers ist - zumindest beim lebenden Tier - noch nicht möglich. Ein Nachweis mittels Blutprobe ist leider aufgrund der zu großen dafür benötigten Blutmenge an der lebenden Maus nicht durchführbar.

Die Diagnosestellung ist außerordentlich schwierig und muss meist anhand des klinischen Bildes gestellt werden. Mycoplasmen lassen sich nur schwer anzüchten, so dass bakterielle Untersuchungen meist erfolglos sind.

Da schätzungsweise mehr als 90% der Mäusebestände den Mycoplasmose-Erreger in sich tragen, liegt beim Auftreten von Atemwegserkrankungen der Verdacht auf Mycoplasmose sehr nahe. Normalerweise sind neben Mycoplasmen auch Viren und Bakterien (Mischinfektion) verantwortlich für eine chronische Atemwegserkrankung.

Mycoplasmen sind die kleinsten selbstständig vermehrungsfähigen (zellwandlosen) Bakterien. Die Gattungen Mycoplasma und Ureaplasma haben das kleinste Erbgut der zur Auto-Replikation (autom. Vervielfältigung) befähigten zellulären Lebewesen, welche keinen Zellkern besitzen (mit Ausnahme des Tiefsee-Archaeons Nanoarchaeum equitans). Mycoplasmen sind parasitäre Bakterien, die innerhalb- und außerhalb von Zellen existieren können. Sie sind beim Menschen, bei Tieren und Pflanzen die Ursache für zahlreiche Krankheiten. Mycoplasmen können mit und ohne Sauerstoff überleben, wachsen, sich vermehren.
Sie gelten als typische Parasiten der Zelloberfläche und siedeln sich vorwiegend auf Schleimhäuten an.

Ein starkes Immunsystem schützt die infizierte Maus vor einem Ausbruch entzündlicher Reaktionen. Mycoplasmen müssen aber nicht der Hauptgrund einer Atemwegserkrankung sein. Sie können auch infolge anderer Erkrankungen, eines geschwächten Immunsystems oder einer Stresssituation die Gelegenheit zur Vermehrung nutzen.

Einmal ausgebrochen, verläuft die Mycoplasmose jedoch chronisch. Sie kann, rechtzeitig erkannt, mit Antibiotika in ihrem Verlauf verlangsamt bzw. vorübergehend zum Stillstand gebracht werden, sodass auch eine "Myco-Maus" noch ein langes Mäuseleben führen kann.

Mycoplasmen haben verschiedene Strategien entwickelt, um das mauseigene Immunsystem zu überlisten. Sie treten bei Mäusen hauptsächlich mit folgenden Symptomen in Erscheinung:

Mycoplasma pulmonis:
  • Infektionen der Atemwege: diese verlaufen in der Regel chronisch. Typische Symptome sind Schnattern, Zwitschern und Niesen.
    • Im fortschreitenden Stadium:
    • knackende Geräusche
    • struppiges Fell
    • eine erschwerte Atmung
    • oft mit einer deutlich sichtbaren Flankenatmung
    • knatternden Nebengeräuschen und vermehrtem Niesen
    • "pfeifende" Atmung sog. zwitschern
    • zeitweise Symptomfreiheit
    Die Symptome können stärker oder schwächer ausgeprägt sein, je nach Immunstatus der Maus.
    Auch nach einer Behandlung mit Antibiotika können knackende Geräusche zurückbleiben, da das Lungengewebe durch die Mycoplasmen irreparabel zerstört wird.
  • Seltener treten Ohrenentzündungen auf:
    • Äußere Ohrenentzündung (Otitis externa): Rötung und Entzündung des äußeren Gehörganges
    • Mittelohrentzündung (Otitis medea) – „Schiefkopf“: Leichtes bis starkes Schiefhalten des Kopfes, Gefahr von eitriger Labyrinthitis. Diese schreitet über den inneren Gehörgang immer weiter fort und bewirkt Drehbewegungen und Gleichgewichtsstörungen beim erkrankten Tier.
  • Gelenkserkrankungen oder Infektionen des Genitaltraktes können ebenfalls auftreten.

Mycoplasma neurolyticum:
  • Rolling disease (Rollkrankheit): Die Maus führt bei vollem Bewusstsein zwanghafte Roll- oder Wälzbewegungen um die Längsachse aus.
  • Bindehautentzündung (Konjunktivitis): Eines oder beide Augen tränen und zeigen entzündliche Rötungen sowie Schleimbildung (häufigstes Anzeichen: verklebte Augen).


Verlauf:
  • Abzeßbildung und chron. Zerstörung von Lungengewebe
  • Mischinfektionen mit anderen bakt. Erregern
  • setzt sich der Erreger im Gehirn des Tieres fest, kann es zu einer Enzephalitis bzw. zur gefürchteten Labyrinthiasis oder Rollkrankheit kommen.
Auch der Verlauf variiert von Tier zu Tier. Einige bauen erschreckend schnell ab, anderen sieht man die Erkrankung nicht an. Dennoch sollen sie behandelt werden um chronische Lungenschäden zu vermeiden.


Behandlung:
  • 7-14 Tage lang: täglich 0.05 ml (= ca. 1 Tropfen) vom 2.5 %igen Baytril pro Tier
  • Wenn Baytril nicht hilft, sollte man KEIN Marbycol nehmen, weil es ein ähnliches Wirkungsspektrum hat. Man sollte möglichst fremde Wirkstoffe nehmen wie z.B. Borgal/Bigram.
  • im Spätstadium kann das Antibiotikum mit Kortison und Theophyllin kombiniert werden.
  • Ohne Behandlung stirbt das Tier oft in wenigen Wochen oder behält bleibende Lungenschäden bei. Es gibt nur wenige Tierärzte, die sich mit Mäusen auskennen, oft sind sie aber Therapieempfehlungen gegenüber aufgeschlossen und verschreiben die gewünschten Medikamente.
  • Man sollte ein Antibiotikum höchstens 7 - 14 Tage geben, weil sonst die Gefahr besteht, dass Resistenzen entstehen. Während der AB-Einnahme darf die Maus keinen Quark oder Joghurt bekommen.Sahne bildet eine Ausnahme, sie schwächt die Wirkung vom Antibiotikum (AB) nicht ab.
  • Bitte die Zeitabstände zwischen den Medikamentengaben genau einhalten, weil sonst die Wirkung nachlässt!
  • Als Antibiotika werden meist verwendet:
    • Enrofloxacin (z. B. Baytril)
    • Tetracyclin
    • Erythromycin
    • Lincomycin
    • Gentamicin
    • Chloramphenicoll


Hygiene und was man sonst beachten sollte:
  • ein Flächendesinfektionsmittel tötet den Erreger ab (z. B. Bactazol)
  • feuchte (10 min. auskochen) oder trockener Hitze (2 Std. Backofen 100°) tötet den Erreger ab
  • Außerhalb des Wirtes ist der Erreger nur für kurze Zeit, maximal einige Tage überlebensfähig
  • Es sollten immer erst die gesunden Tiere versorgt werden und dann die Kranken, damit man nicht selber zum Überträger wird.
  • Übernimmt man Käfig oder Inventar von fremden Mäusen sollte man die Teile vor dem Gebrauch desinfizieren werden um eine Keimverschleppung zu verhindern.
  • Ein starkes Immunsystem schützt eine mit Mycoplasmose-Erregern infizierte Maus. Durch günstige Lebensumstände kann ein Ausbrechen der Krankheit herausgezögert werden. Zu vermeiden sind daher folgende ungünstige Faktoren:
    • Stress:
      • ungünstige Gruppenzusammensetzung
      • ständiges Wecken und Stören der Tiere
      • ungünstiger Käfigstandort
      • ständiges(!) Umräumen im Käfig
    • Unsauberkeit:
      • Keimbildung, die auch andere Krankheiten begünstigt
    • Zu große Sauberkeit:
      • Wird der Käfig zu häufig desinfiziert, können die Tiere keine Abwehrkräfte entwickeln und das Immunsystem erlahmt
    • Falsche Käfigeinrichtung:
      • Plastik begünstigt warmes, feuchtes Klima, in dem sich Bakterien stark vermehren können.
    • Durchzug
    • Temperaturschwankungen
    • Trockene Heizungsluft
    • Zigarettenrauch
    • generell alles, was zu einer Reizung der Atemwege führt
    • Schlechte Ernährung:
      • Vitamin- und Mineralienmangel schwächen die Abwehrkräfte der Tiere
    • Andere Krankheiten, die das Immunsystem zusätzlich stören.


© H. Appelhagen (21.02.2007)
[Update: 02.06.2008 / Baytril-Dosierung / Dank an Angelus Noctis]
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#2
PS: Am 12.08.2007 habe ich den Artikel noch einmal um einige Tipps zu Myco in der "Praxis" erweitert.


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